Nur „Herr“, bitte.
Wie an anderer Stelle bereits einmal erwähnt, leistete ich Anfang der 90er Jahre meinen Zivildienst ab. Fünfzehn Monate lang also irgendwelche sozialen Dienste. Aus Gründen der Bequemlichkeit Deflation Zeitnot schaffte ich es bis dato leider nicht, mich bei einer Fahrschule anzumelden und ohne Führerschein würden ja nun schonmal die begehrten Fahrerjobs ausfallen. Ich informierte mich und hielt aus inzwischen nicht mehr nachvollziehbaren Gründen die Stelle als Hilfskoch in der Mensa des lokalen Studentenwerkes für angebracht. Insgeheim erhoffte ich mir vermutlich, mithilfe der papiernen Kochmütze die Herzen der Psychologie-Studentinnen im Sturm zu erobern. Vielleicht war es auch das Schokoladenregal in der Caféteria, aus welchem wir Zivis uns allabendlich nach Herzenslust bedienen durften. Was auch immer der Auslöser war: Es. War. Ein. Großer. Fehler!
Kurz ein paar der wesentlichsten MC-inkopatibelen Eckdaten: Dienstbeginn war um 7.00h. Das Tragen einer einheitlichen Kochbekleidung (inkl. Stahlkappenschuhe) war gesundheitsamtlich vorgeschrieben. Die einfachsten Vormittagssalatschnibblerinnen ohne Schulabschluss waren uns gegenüber weisungsbefugt. Das übliche Essensgeld wurde nicht ausgeschüttet, stattdessen gab es hier täglich drei Gerichte von der Tageskarte (ich nahm innerhalb dieser 15 Monate 10-12 kg zu). Ich könnte hier noch ewig weitererzählen, aber ich denke, Ihr könnt Euch ein Bild ob meiner vorherrschenden Euphorie zu dieser Zeit machen.
Zum Glück gab es Doktor Bert. Eigentlich nur Herr Bert, für den Doktortitel war er offensichtlich zu bequem broke beschäftigt. Die Praxis des Herrn Bert war bei allen Zivildienstleistenden Kiels zu meiner Zeit eine Art heilige Anlaufstelle. Hier gab es den gelben Renner ohne vielerlei Geplänkel und einen Aschenbecher im Wartezimmer. Herr Bert hasste die Bundeswehr. Und das System. Denn ähnlich wie 98,5% der Zivildienstleistenden konnte er nicht einsehen, dass ein junger Mann gesetzlich eine Strafarbeit verordnet bekommt, wenn er auf Gedeih und Verderb keine Lust auf den Dienst an der Waffe hatte. Und so stellte sich im Behandlungszimmer niemals die Frage nach etwaigen Krankeitssymptomen, vielmehr ging es um die Anzahl der gewünschten Frei-Tage. „Sie sind in der Mensa-Küche? Wer hat Sie denn dahin strafversetzt? Da machen wir gleich 2 Wochen, hm?!“. Er verstand mich. Und ich mochte sein LOVE-Tattoo auf den Fingern seiner rechten Hand.
Endgültig überzeugte mich Herr Bert dann an einem Montag im August. Am vormittag beschuldigte mich eine Hilfsköchin zu unrecht, der Verantwortliche für den Jointstummel im Kühlraum hinter den Zucchini gewesen zu sein. Als Strafarbeit sollte ich erneut den Tag in der Topfspüle verbringen. Hier wurden händisch die Großtöpfe (u.ä.) mit Spezialchemikalien in kochendem Wasser gereinigt, die nicht mehr in die Industrie-Spülmaschine passten. Eine Stunde hier war schlimmer als sechs Wochen Braunschweig im Herbst. Ich hoffte, dass Bert um 10h bereits in der Praxis war und hatte Glück. „Ah, der Mensa-Zivi! Warum schwitzen Sie so?“. „Naja nun, es sind bestimmt schon 25° und ich wartete soeben fast zwei Stunden in ihrem verrauchten Wartezimmer.“. „Dann rufen Sie das nächste Mal einfach an, ich schicke die Krankmeldung dann direkt in die Dienststelle. Zwei Wochen?“. Privat spielte er gern Skat.
Achja die Zivis. Ich wollte ja eigentlich zum Bund.
Bei der Musterung gleich gesagt 8 Jahre (dem Wehrbeauftragten [oder so] ging da glaub ich einer ab), schade nur das mein Wadenbeinbruch keine 8 Wochen her war: T5 – Danke xD
Nen Kumpel von mir hat Zivi bei ner Suchtklinik (Alkohol) gemacht, während der Zeit war der jedes Wochenende nur am Feiern Oo
Nice. Gibt`s den Bert noch? Schreibt der immer noch Yellows aus?
Und mit den 10-12Kg: Das kam doch nicht nur vom guten Essen, oder? Ich erinnere mich an die Hefebier Exzesse. Das Ergebnis hast du ja schonmal presentet: Im Movie mit MC 1990.
:-)
Und was hat die Pyjama-Hose da oben links mit der Geschichte zu tun? Haben Sie fauler Saque sich etwa nicht mal angezogen, ehe Sie Bett gegen Mensaküche tauschten? ;-)
Das Essen schien immerhin genießbar zu sein… ( .,.)
Die Sache mit der Bundeswehr war bei mir auch gleich durch: Bin da aufgetaucht mit Attest von der Orthopädin meines Vertrauens und hab den Horst Schlämmer gemacht („isch hab Rücken!“).
War nach kurzer Diskussion dann auch mit T5 gegessen.
jaja, die Zeit als Urinkellner war schon schön. Da hätte ich auch noch ne Geschichte:Hab mal vergessen, einen Rolli festzubinden im Johanniter Transporter auf einer der ersten Fahrten. Auch unschön. Zumal man mir im Vorfeld gesagt hatte „Wunder Dich nicht, wenn Frau xxx schreit, das macht sie immer!“ Ihr damaliges Schreien hatte aber tatsächlich Gründe… Ich behielt den Job trotzdem. Trotz (im wahrsten Sinne des Wortes) ruckligem Beginn….
Ganz ehrlich, wer T5 will, der bekommt auch T5. Bei meinem dritten Besuch beim Kreiswehrersatzamt durfte ich mich dann auch verabschieden. O-Ton vom Bundeswehrmenschen: „Die, die sich am meisten wehren, ziehen wir am liebsten“. Tjaha ohne mich.
Und uns haben sie im schweizer Militär immer wegen dem bösen Feind aus dem Norden gedrillt!! Also wenn wir damals gewusst hätten, wie absolut ungefährlich Ihr in Wirklichkeit seid ….
In der Küche musste ich zu meiner Zivizeit nur mal ein paar Stunden schuften, das hat gereicht. Ansonsten war es tatsächlich der bevorzugte Fahrdienst.
Aber was anderes: Wo ist denn das Problem mit Braunschweig?
was ist aus berti geworden? tattoos auf der linken hand mit der aufschrifft HASS?
Bei mir herrschten im Zivildienst angenehmere Temperaturen: Ich hab u.a. Leichen in den Kühlschrank der Patho gebracht. Die waren sowieso schon kalt.
na, das scheint, als haben sie so einiges klar gemacht, aber nicht die psychologie studentinnen.
Also BS-City ist eigentlich ganz hübsch.
Niiiiiiiiiiiiicht! ^^
Kann das alles nur bestätigen.
Habe in der besagten Großküche 2007/08 ebenfalls meine Zeit abgesessen und Herr Bert lebt auch noch. Habe ihn selber nur in 2 von 5 Fällen getroffen. Mittlerweile stellen seine Damen auch Yellow Holidays aus.
In allem aber glaube ich hat sich das Klima in der Küche stark geändert und waren eg. auch sehr spaßige 9 Monate.
Unimensas sind ja einer der ungeeignetsten Orte für einen THC-stimullierten Fressflash
Darum war ich ja bei der Marine. Gab zwar auch ständig Mecker aber immerhin könnte ich den Mädels mit meiner Donald Duck-Uniform den Kopf verdrehen. ;)
Bei mir gab es Sushi und frische Früchte im Hörsaal. Aber ich war ja auch kein normaler Student…
Ja, und Zivi hab‘ ich in ’nem Altenheim gemacht. Da war das Essen jetzt …ähm… na ja.
Mein Vater ist Arzt. Ein sehr verständnisvoller. Am liebsten hat er mich wegen „grippalem Infekt“ krankgeschrieben, meist wenn ich eigentlich mit Liebeskummer darnieder lag. Nur eins werde ich ihm nie verzeihen: Dass er mich beim Bodenturnen nie krank schreiben wollte. Perfide.
Steh ich total auf dem Schlauch, oder is das ´ne semi-clevere Idee den realname des Docs in Deutschlands meistgelesenem Blog zu posten?! Hmm?! Nochmal nachlesen…
Ansonsten n1-Story. Ich als erster T5 des Landkreises, kenn ja sowatt nich… ;-) Hab immer nur zu geguckt
ach,… ich fand bund super… bin schön auf eines der wahrzeichens kiels durch die welt gesegelt… funker auf der gorch fock… nichts zu tun… schön fremde häfen sehen… dadurch hab ich auch kiel mal kennengelernt und auch das tucholsky ;)
Und Küche ist nicht = Küche, ich war in ner Behindertenwerkstatt (bis auf die 10-12 Kilo zusätzlich war es super). Ich war lediglich den Bereichleitern nicht Weisungsbefugt, konnte pausieren und rauchen nach Gedeien, hab sämtliche Zusatzzahlungen erhalten. Aber wie ich jeden Tag um viertel vor 6 aufgestanden bin, das soll mir mal einer erklären…
Damals 15 Monate? Krasse Sache.
Im übrigen ist Braunschweig ne geile Stadt ^^
Wie kann man in der Mensa zunehmen? Die Portionen sind winzig und soooo lecker sind sie auch nicht. Oder gab es dreimal am Tag den pannierten Fleischlappen mit Pommes?
Und über das Schokoregal erhoffe ich nähere Informationen! Gibt es die Regelung immer noch? Teilen die Zivis auch mit Studentinnen?
@FI, PETERPWN, THOMAS:
Da muß man nur im richtigen Jahr dran sein mit seinen Dienstpflichten für’s Vaterland, um mit T5 auf der sicheren Seite zu sein. Als ich 1997/98 beim Bund war, hatte ich einen Kameraden, den haben sie trotz T7 gezogen und ans andere Ende der Republik zur Artillerie-Grundausbildung geschickt. Der Typ war Marsch-, Sport-, Gelände-, Hitze-, Kälte- und Whatnotbefreit, konnte/durfte also eigentlich nix militärtypisches machen – trotzdem mußte er ran.
Heutzutage wäre allerdings selbst ich mit meinem damals noch passablen T3 ausgemustert.