Meine dunkle Nacht der Seele // Part 3

[Teil 1, Teil 2]

10 Jahre den Arsch eingeölt bekommen

Gleiches galt für Reisen. Noch einmal Malediven, für lau? Selbst der Flug und die Verpflegung wurde übernommen, es reichte eine E-Mail oder ein Telefonat. Bei den Reisen, bei denen die Vorstellung eines Produktes deutlich im Vordergrund stand, habe ich sogar Honorare in Rechnung gestellt. Klappte nicht immer, aber schon sehr oft. 2012 dann den ersten Mercedes gekauft, 2014 den Zweiten. Und es kam, wie es kommen musste, auch wenn ich selbst immer dachte, dass mir das nicht passieren würde. Nachdem man mir nun knapp 10 Jahre den Arsch eingeölt hatte und ich immer alles bekam, was ich wollte, betrachtete ich diesen Zustand als Normalzustand. Auch wenn ich immer der Meinung war, mein Ego einigermaßen im Griff zu haben – diese Zeit hat mich tatsächlich verändert. Sehr zum Negativen.

Say my name

Ich wurde arrogant, empfand eine bevorzugte Behandlung als völlig normal, absolut keine Dankbarkeit mehr, für gar nichts. Ich stand über den Dingen und hielt mich für den Geilsten. Ich mein‘, das hab‘ ich ja eh immer. Nur war das in meinen ersten Jahren als Blogger noch ironisch, oder wenigstens halbironisch. Und ich hab‘ mich diesem neuen Status dann auch komplett hingegeben. Natürlich fliege ich nur noch Business, eigentlich hätte ich First verdient (immerhin war ich Meilen-Senator, 4 Jahre am Stück). Siezt mich, setzt mich in die erste Reihe. Das ist aber schon Champagner und kein Sekt, oder? Tighte Frise, tighter Bart, tighter Körper. Her mit den Markenuhren, eigentlich her mit Allem überflüssigen Luxus-Klimbim. Früher, ja, da habe ich noch selbstironische Texte geschrieben. Aber doch heute nicht mehr – ich hab’s ja jetzt immerhin geschafft. Ich bin larger than life, Homie! Und nun nerv‘ mich bitte nicht mit Deinen Befindlichkeiten, ich muss hustlen. Sag meinen Namen, Du Ficker.

Tight Baby tight, crazy crazy, hahaha

Nach 2 Jahren an der sonnigen Costa del Sol, im Luxus-Badeort Marbella, lernte ich dann meine neue Freundin kennen. Eine in Spanien lebende Indonesierin, 15 Jahre jünger, ehemalige Miss Sulawesi. Leider stand sie auf genau solche Ego-Bolzen wie mich, halt so blauäugige Nordeuropäer mit eigenem Apartment in einem 5 Sterne-Resort in den Bergen. Auto tight, Uhr tight, Klamotten immer tight, alles super tight und Baby wir machen Malediven, ich muss da nur anrufen. Zwei Jahre ging diese Beziehung gut, eigentlich sogar nur ein Jahr, der Rest war aushalten. Aber muss sagen: ganz toller Sex, bis zuletzt. Unfassbar intensiv und auch sehr oft, hatte ich mir selbst gar nicht mehr so zugetraut.

Tschüss Kiel, ich bin jetzt Spanier

Im September 2019 dann die Trennung. Fast zeitgleich verkaufte ich meine Wohnung in Kiel, ich hatte mich schon lange entschieden, die andalusische Sonnenküste zu meiner neuen Wahlheimat zu machen und auszuwandern. Mein Plan war es, mir von dem Geld der Kieler Wohnung eine Zweite hier unten zu kaufen, was ich innerhalb von nur zwei Monaten auch umsetzte. Und dann wollte ich in Ruhe überlegen, wie es weitergehen sollte. Ich hatte auf diesen ganzen Luxury-Influencer-Zirkus schon lange keine Lust mehr. Alles, was ich vor meinem „Erfolg“ an Oberflächlichkeit hasste, hatte ich nun fast 7 Jahre mitgemacht. Ich war plötzlich genau dieser Kasper, den ich Zeit meines Lebens verachtete. Fotostrecken hier, noch ein Advertorial da. Kein Inhalt mehr, keine Tiefe, alles vom Ego verschluckt. Schreibblockade sowieso, über was sollte ich denn noch berichten? Naja, ich denke, ich werde erstmal einen Podcast machen und dann… kam Corona.
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[Teil 4, Teil 5, Teil 6]

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