Blackjack, Hollywood-Style
Risiko: Glücksspiel bedeutet Nervenkitzel. Kein Wunder, dass die Filmwelt seit ihren frühen Jahren immer wieder Geschichten rund um das Kartenspiel und um die Blackjack Spieler erzählt.
Bereits 1922 widmete sich der legendäre Regisseur Fritz Lang dem Thema. In seinem deutschen Stummfilm „Dr. Mabuse, der Spieler“ zog der manipulative Titelheld ahnungslose Zocker in seinen Bann. Der geniale Mabuse nutzte Psychologie und Hypnose und sogar Gedankenkontrolle, um in Spielhöllen abzukassieren und mit den Gewinnen im Kartenspiel sein kriminelles Imperium zu finanzieren. Weitaus weniger düster, aber genauso spannend geht es in den Zocker-Filmen der Tonfilm-Ära zu. Das kann sogar lehrreich sein.
Wie sich Gewinnchancen kalkulieren lassen
Einige der besten Zockerfilme Hollywoods beschäftigen sich mit Black Jack, dem einfachsten und dadurch weltweit beliebtesten Kartenspiel im Casino. Was das Spiel besonders attraktiv für Filmemacher und Kartenfans macht, ist die Möglichkeit, mit reiner Mathematik die eigenen Gewinnchancen zu verbessern. Wie das funktioniert, ist seit mehr als 60 Jahren ausführlich dokumentiert. Damals hatte der junge Mathematikprofessor Edward O. Thorp die Rechenhirne an seiner Universität mit jeder möglichen Kartenvariation im Blackjack gefüttert und die sich daraus ergebenden Gewinnchancen kalkulieren lassen. Was einem menschlichen Gehirn bei 34 Millionen Möglichkeiten in einem normalem Blackjack-Spiel unmöglich gewesen wäre, dauerte drei Stunden für den Computer. Mit diesen Informationen an der Hand entwickelte Thorp seine statistisch fundierte Formel des Glücks – und sprengte binnen zwei Stunden zweimal die Bank im Casino. Doch das war erst der Anfang. Der Mathematiker wurde schließlich in sämtlichen Casinos gesperrt, aber seine Berechnungen waren zu dem Zeitpunkt bereits der Öffentlichkeit in Buchform zugänglich. Dabei waren sie in vier verschiedene Strategien aufgeteilt, die sich im Schwierigkeitsgrad und in der Auswirkung auf den eigenen Vorteil gegenüber der Bank unterschieden. Eines hatten sie alle gemeinsam: Sie ließen das Haus verlieren.
Wer mehr als 21 Punkte – ist raus!
Das dahintersteckende Prinzip ist simpel. Weil es beim Blackjack darum geht, mit zwei oder mehr Karten möglichst nahe an 21 Punkte zu kommen oder diese genau zu erreichen und zugleich mehr Punkte als der Dealer zu haben, gibt es Karten, die für den Spieler gut oder schlecht sind. Wer mehr als 21 Punkte hat, verliert automatisch. Da das Verhalten des Dealers vorgeschrieben ist – er muss bei 16 oder weniger Punkten eine Karte dazunehmen und darf ab 17 Punkten keine weitere Karte ziehen – und die Karten des Dealers offen einzusehen sind, kommt es hier zu keinen Riesenüberraschungen. Was Thorp bewiesen hatte, war, wie man durch das Zählen bestimmter Karten seine Gewinnchancen so weit erhöhen konnte, dass man mit genügend Ausdauer als Gewinner vom Tisch gehen würde. In einem Black-Jack-Schlitten befinden sich 6 Decks mit je 52 Karten. Wer sich merken kann, wie viele der wichtigsten Karten schon ausgespielt sind, erhöht seinen Vorteil.
Allesamt verschiedene Techniken
Wie gut das in der Praxis funktioniert, bewies ein US-amerikanischer Professor, der an der Elite-Universität MIT einen offiziellen Glücksspielkursus anbot. Doch die von ihm im Kartenzählen trainierten Studenten waren nicht so erfolgreich, wie er sich erhofft hatte. Erst mit Hilfe eines weiteren Kartenzähl-Spezialisten fand er heraus, wo das Problem lag: Die Studenten wandten allesamt verschiedene Techniken an. Der Hollywood-Blockbuster „21“ erzählt die Geschichte des Teams, die schließlich in Casinos weltweit am Kartentisch Millionensummen abräumten. Von 1979 bis 1993 waren die Kartenzähler vom MIT aktiv. Der Film von 2008 gilt noch heute als einer der besten aus der Zockerszene.
Das Kartenzählen spielt auch bei „Rain Man“ eine entscheidende Rolle. Barry Levinsons Drama von 1988 erzählt die Geschichte eines autistischen Genies und seines jüngeren Bruders, die dank der mathematischen Fähigkeiten des Älteren beim Blackjack haushoch gewinnen. Der Film mit Dustin Hoffman und Tom Cruise in den Hauptrollen wurde mit 4 Oscars ausgezeichnet. In der mit einem Golden Globe ausgezeichneten Buddy-Komödie „Hangover“ von 2009, in der vier Freunde in Las Vegas einen Junggesellenabschied feiern, wird ebenfalls abgesahnt, weil einer der Freunde sich als talentierter Analytiker und Kartenzähler erweist.
„Ocean’s Eleven“ mit George Clooney und Brad Pitt als Vorbild
Doch auch ohne die Anwendung der kniffligen Strategie spielt Blackjack in etlichen Superhits der Kinoleinwand eine Rolle. In „Ocean’s Eleven“ mit George Clooney und Brad Pitt in den Hauptrollen nimmt der gerade aus dem Gefängnis entlassene Gauner Danny am Blackjack-Tisch Kontakt mit einem alten Kumpan auf. Wie Danny Ocean eine Truppe von Komplizen zusammenstellt, die den Tresorraum des am schärfsten bewachten Casinos in Las Vegas leeren wollen, ist einer der erfolgreichsten Filme der vergangenen Jahrzehnte geworden und hat zwei Fortsetzungen hervorgebracht.
Um Glücksspiele aller Art, inklusive Blackjack, geht es in „Casino“. In Martin Scorseses Krimi-Klassiker von 1995 geht es um „Ace“, der im Auftrag der Chicagoer Mafia seine Talente als Hintermann in einem Casino in Las Vegas einsetzt. Stars wie Robert de Niro, Joe Pesci und Sharon Stone machten den Film auch bei Preisverleihungen zum Hit. Sharon Stone wurde für ihre Rolle mit einer Oscar-Nominierung und einem Golden Globe belohnt.
James Bond: erster Auftritt auf der Leinwand in einem privaten Club
Keine andere Filmfigur wird mehr mit Glücksspiel in Verbindung gebracht als der elegante Frauenheld und Superspion James Bond. Agent 007 hatte 1962 gleich seinen ersten Auftritt auf der Leinwand in einem privaten Club, wo er am Kartentisch zockt, flirtet und Martini trinkt. Bonds Schöpfer, der Ex-Geheimdienstler und Schriftsteller Ian Fleming, war selbst begeisterter Zocker und verzichtete nur äußerst selten darauf, seinen Helden ins Casino zu schicken. In „Casino Royale“, Daniel Craigs erstem Einsatz als James Bond, dreht sich alles um Poker. Die Idee, den Finanzier eines Terrornetzwerks am Kartentisch zu ruinieren, stammte aus Flemings eigener Aktivität im Zweiten Weltkrieg.
Im Roman hatte Bond den geheimnisvollen Le Chiffre allerdings in seinem Lieblingsspiel Baccarat besiegt. Blackjack durfte Timothy Dalton in seinem zweiten Auftritt als James Bond zocken. In “Lizenz zum Töten“ lässt er sich im Casino einen Privattisch geben und gewinnt dort eine Viertelmillion Dollar von Drogendealer Sanchez. Überhaupt ist 007 ein Rundumkönner, was das Zocken angeht. Baccarat kommt in „James Bond jagt Dr. No“, „Im Geheimdienst ihrer Majestät“, „In tödlicher Mission“ und in „GoldenEye“ vor. In „Octopussy“ spielt er Backgammon. In „Goldfinger“ vermasselt Bond Auric Goldfingers Betrug beim Gin Rummy und zieht sich damit dessen mörderischen Zorn zu. Dem Roulettespiel hat James Bond sogar die große Liebe seines Lebens zu verdanken. In „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ verliert die schöne Tracy beim Spiel und gewinnt die Aufmerksamkeit von Bond. Von Pferdewetten bis zu Computerspielen zockt Bond im Laufe seiner Karriere so gut wie jedes Spiel. Ob er vorher die Statistiken studiert oder sich im Kartenzählen geübt hat, ist nicht bekannt.
Aber die Chance dazu hätte er. Unter anderem gibt Peter Griffins Buch „The Theory of Blackjack, The Complete Card Counter’s Guide to the Casino Game of 21” auch Novizen die Möglichkeit, den Kniff zu studieren. Lehr-DVDs gibt es ebenfalls. Die sind zwar weniger dramatisch als der Film “21”, doch einem echten Zocker oder denjenigen, die es werden wollen, kann auch dabei so manches den Atem verschlagen. Glücksspiel bedeutet halt immer auch Nervenkitzel.