Abgeschmettert – Another Abmahnung bites the dust!
Februar 2001 und schon wieder saß ich beim Chef. Außerdem dejavunös: ich musste nicht nur mit einer Abmahnung rechnen, dieses Wort konnte ich über Kopf auf dem Notizzettel meines Chefs sogar lesen. Ich hasste den Februar, ich hasste mich für mein unglaublich naives Verhalten vom Vortag; am meisten hasste ich aber Ramona – eine Affaire innerhalb derselben Kostenstelle, das konnte ja nicht gutgehen. Was passiert ist?
Der Klassiker. Nach Feierabend rumfummeln können sie alle, wenn das dann aber irgendwann vorbei ist und man trotzdem 40 Stunden die Wochen miteinander arbeiten muss – ganz ehrlich: ich habe noch nicht einmal gehört, dass sowas jemals funktionierte. Aber erzähl‘ das mal einem massivst testosteronisierten Endzwanziger, der im Büro in das einladende Dekolletée einer ehemaligen Ballettänzerin mit leichtem Silberblick und wallend blondierter Mähne gucken muss. Den ganzen Tag aß sie Bananen und trank Milch und kein Mensch hat sich jemals häufiger vor mir verbeugt (noch nicht einmal unser Bürgermeister, der mir als Kiels liebsten Sohn für meine tägliche Web-Repräsentanz ja von hier nach nach Samoa dankbar sein müsste und ganz sicher auch ist, man sieht sich halt nur nicht so häufig). Ich hatte ja noch nicht einmal etwas gegen das Herumverbeugen, ich war so kurz nach der Jahrtausendwende absolut Pro-Haltungsfehler eingestellt. Ramonas Fallenlassen des Kugelschreibers im Besprechungsraum belebte jedes Meeting, aber gut – das war alles vor dem Bruch. Und noch länger vor der Cebit 2001.
Ich war mit ein paar anderen Kollegen auf der Messe unterwegs, als Ramona mich auf dem Diensthandy erreichte. Sie war damals sowas wie meine Assistentin, die Schnittstelle zwischen Innen- und Außendienst und ich der einzige Außendienstler. Sie hätte neue Termine für mich vereinbart, diese würde sie nun gern mit meinen bestehenden Terminen abgleichen und dazu bräuchte sie doch bitte einmal mein Passwort. Ich tiefenbornierter Dämlack gab es Ihr. Sie hatte vollen Zugriff, auf Alles. Auch Outlook.
Ich weiß nicht, ob Ihr Euch vorstellen könnt, zu was für Worten Ego-verletzte Kleinstadtvertriebler in der Lage sind, wenn sie mit anderen Kollegen vermeintlich unbemerkt per E-Mail lästern. Ich erinnere mich an so manch primitives Auflachen im damaligen Großraumbüro, wenn wieder mal eine neue Mail mich oder meinen Komplizen erreichte. Wir sprachen in Bezug auf Ramona über die Leichtigkeit diversester Grätschübungen für Münzgeld, wir beschimpften ihre osteuropäische Freundin (und ebenfalls Mitarbeiterin), wir äußerten den Verdacht, ihre Mutter könnte in den Jahren vor Ramonas Geburt entgeltliche Liebesdienste feilgeboten haben und wir machten uns sowohl über ihre Grammatikschwäche als auch ihre Unfähigkeit, geräuschlos zu essen, lustig. In geschätzen 50 E-Mails; welche Ramona fein säuberlich ausdruckte und der Geschäftsführung vorlegte. Der Tag, an dem ich davon erfuhr, war ein Weiterer an dem ich mir wünschte, eine Gravitationsüberfunktion zu besitzen. Optional überlegte ich, wie lang ich wohl für das Erreichen einer Bewusstlosigkeit am Pritt-Stift werde schnüffeln müssen.
Und da saß ich nun, schon wieder beim Chef. Was hatte ich für eine Wahl, ich packte aus wie Zollbeamte, gestand die Affaire sowie meinen verletzten Stolz. Glücklicherweise hatte ich zudem noch 2-3 fachliche Asse im Kragen. Würde ich mich zu einer persönlichen Entschuldigung überwinden können, könnte man diese Sache auf sich beruhen lassen wie Hängematten. Natürlich entschuldigte ich mich und meinte nicht ein Wort davon das auch ernst. Und das mit dem Münzgeld stimmte auch.
Ächz. Immer, wenn ich bei Dir das Wort „Abmahnung“ lese, werde ich unentspannt und bekomme Angst vorm eigenen Briefkasten. Weiß auch nicht, warum… ;-)
An der Stelle muss ich dir für die Passwort Aktion mal ein Vollhorst als Anrede anbieten – da schreien in mir tausend gelernte ITler auf, vor allem die Kellerfraktion mit schizophräner Paranoia.
Aber hast es ja schon schön in den Tags stehen – Don’t Fuck The Company. ;)
Ob der Herr Bürgermeister Ihnen hierfür auch dankbar ist, Herr Winkelsen? Obwohl, vielleicht doch, denn dadurch haben Sie natürlich sicherlich auch Ihren alten Job hassen und das Bloggen lieben gelernt. ;-)
Noch einmal zum Mitschreiben: Never Fuck The Company. Never ever. Und so.
Und noch mal : never fuck the company
Wieder einmal gute Unterhaltung in der SBahn, thx
Als jemand, der IT-Sicherheit „machen“ muss und Menschen davon überzeugen soll, dass gewisse Standards einzuhalten sind, freue ich mich über ein weiteres, lebensnahes Praxisbeispiel für die möglichen unerfreulichen Folgen von allzu laxem Umgang mit der Firmen IT ;)
der hängematten-vergleich ist epic, den musste mal rappen, emser. ^^
aber mal so ganz doof gefragt: das ist doch ein eindeutiges verstoßen gegen die privatsphäre, man kann doch nicht einfach fremde, private emails als druckmittel einsetzen, oder wie?
echt. hier haut er vergleiche raus am laufenden band. in den nächsten songtexten muss sowas kommen ;-)
Passwort an Kollegen rausgegeben…clever! :D
„Den ganzen Tag aß sie Bananen und trank Milch“
Sie kleines Ferkelchen! ;o)
also doch keine abhamnung wegen hohler worte?
Ramona? Die mit dem Bild in der Super Illu?
„Der Tag, an dem ich davon erfuhr, war ein Weiterer an…“
Weiterer klein, oder?
Vergleiche sind wieder sehr dope. :-D
Wie Jaycee es schon sagte „don’t fuck the factory“ jaaaaanz wichtig!
Und dein Passwort…nö nö laß das auch mal lieber bei dir!
Da ist man mal eine Woche im internetfreien Urlaub, und schon verpasst man die besten Stories! Musste auch das Ramona-Kapitel in Deinen 2010er-Archiven nachholen, ist mir irgendwie entgangen. Hammerhart, und das mit dem Headset ist eine elende Sauerei! ;-)
Und die BAS-Songtexte sind wohl auch autobiographisch: Hast Dir das mit Ramona ganz schön versaut, was? ;-)
die Häme in den Kommentaren…. :-O
aber du bist dabeigewesen, ganz vorne…
(was ist Kram ?! kennt sie deinen schönen informativen Blog ?! )
[…] hielt mich da aus drei Gründen raus, a) hatte ich den Mist ja gerade erst hinter mir, b) nutzte ich freie Zeitfenster lieber zum Bloggen, weil ich vor 10 Jahren schon wusste, dass mir […]