Fräulein Annes Geschick im Umgang mit dem Schicksal

Wenn Euch irgendjemand einmal erzählen möchte, man könne das Schicksal nicht bezwingen, dann solltet ihr „Bull!“ rufen – und das lauter als Red und Niki – außerdem solltet Ihr dann auf diesen Beitrag verweisen. Denn man kann. Nicht jeder. Aber Anne – die kann das.

Nix da Feng-Shui, vergesst Zen oder Kismet. Und falls einer von Euch einen der „Final Destination“-Teile gesehen hat: absoluter Blödsinn. Natürlich gibt es ein Schicksal, natürlich ist alles Vorherbestimmt und natürlich werden wir alle sterben. Nur Anne; die fällt da raus. Sie dürfte inzwischen 380 Jahre alt sein, sieht aber immer noch aus wie 20. Außer ihr kann das sonst nur Burt Reynolds (der neben Anne meiner Meinung nach der einzige Mensch mit ähnlichen Schicksalsbezwingungsfügungen ist).

Ich kenne Anne schon seit der Konfirmandenzeit. Kurz vor unserer Einsegnung fuhren wir mit dem Pastoren im Rahmen der Konfirmationsfreizeit in eine Jugendherberge an den Westensee unweit unserer schönen Landeshauptstadt. Dort hatten wir Konfirmanden neben dem täglichen Kirchengedöhns die Gelegenheit, Tischtennis zu spielen, Drachen zu basteln oder heimlich die Bravo zu lesen. Anne fand diese Angebotsbreite offensichtlich zu uninspirierend, was dem tunesischen Herbergsazubi Nuredin nicht missfiel. Er war nach zwei abgebrochenen Ausbildungen (zum Brunnenbauer sowie Natursteinmechaniker) zwar etwas älter, dafür aber auch erfahrener. Innerhalb der fünf anberaumten Nächte vor Ort schaffte Anne es, sich an vieren davon zu ihm ins Empfangshinterzimmer zu schleichen, bis beide von Nuredins Verlobten Zilan in der vorletzten Nacht beim Petting erwischt wurden. Alle dachten, das war’s jetzt mit Anne. Der Pastor hatte später große Schwierigkeiten, dem Kirchenvorstand die sich schnell verbreitenden Unzuchtsgerüchte zu erklären und Zilan war Taijidao-Meisterin. Aber nichts! Sie kam ohne ein blaues Auge davon, wurde aufgrund ihrer astreinen Optik und der Eloquenz am Kirchenmikro von der Blitz-Illu sogar zur Konfirmandin des Jahres gewählt.

Freund Hansen hatte später das Glück, mit Anne im selben Lehrbetrieb ausgebildet zu werden. Dort gab es eine übelgesinnte, zudem reichlich adipöse Dame in der Buchhaltung, vor der sich sämtliche Auszubildende fürchteten. Leider musste jeder Lehrling während der Ausbildung mindestens drei Monate lang die kleine Abteilung durchlaufen, welche nur aus einer Person bestand: ihr. Sie hatte es sich aufgrund ihrer Garstigkeit im Laufe der Zeit mit dem gesamten Mitarbeiterstamm des Rechnungswesens verscherzt und bekam ein kleines Einzelbüro. Selbst Hansen musste sich nach vier Wochen Zusammenarbeit mit dem Drachen aufgrund eines Magengeschwüres eine längere Auszeit nehmen. Seine Abwesenheit wurde schnell durch Anne ersetzt und alle dachten erneut, das war’s jetzt mit ihr.

Trugschluss. Bis heute weiß keiner, wie sie es schaffte, die Hyäne zu zähmen. Anne bekam nach nur sechs Wochen freiwillig den Parkplatz des satanischen Kommodenfußes direkt vor dem Haupteingang, wenig später dann auch noch ihren Sohn. Selbst als sie diesen verließ, hielt das gute Verhältnis zur biestigen Furie an. Bis vor 2 Jahren, als man den Buchhaltungsknurrhahn aufgrund von intentioneller Selbstjustiz einsperrte. Sie hielt den „Keep your country clean“-Bittgesuch auf der Innenseite der Wrigleys-Folie für das Grundgesetz und erschlug den Parkhauswächter mit einem stupfen Röhrenabklopfhammer, als sie ihn beim Kaugummi ausspucken ertappte. Die letzten zwei Sätze sind gelogen, eigentlich ging sie nur in den Vorruhestand und ward nie mehr gesehen, aber wie unspektakulär klingt das?

[Fortsetzung folgt!]

Kommentare

29 Antworten zu “Fräulein Annes Geschick im Umgang mit dem Schicksal”

  1. Solidglobe sagt:

    Manche Leute haben halt einen solchen Schussel, dass ist nicht mehr ganz normal. Die können tun und lassen was sie wollen, aber kommen irgendwie wieder raus. Ich hab leider das Pech immer für alles grade stehen zu müssen was ich verbockt hab. Aber wer muss das schon nicht?

  2. --jm sagt:

    oh man, mc… ich hab dich schon vermisst!
    …freu mich auf die fortsetzung ;)

  3. westernworld sagt:

    soltte die dame von einem meteoriten erschlagen werde berichte uns von dem freudigen ereignis.

  4. Nightfalcon sagt:

    Hättest Du gesagt, sie ginge nicht in Vorruhestand sondern hatte dann eine eigene kleine Internet-Firma in Hamburg: sie ist verstorben, ich verlor meinen Job.

  5. Nightfalcon sagt:

    Äh… ich wars aber nicht! Ich verlor den Job, weil die Firma nicht weitergeführt wurde! *schwitz*

  6. Herr Paulsen sagt:

    Lieber MC,

    das ist mal wieder so flott und lecker geschrieben, dass ich Ihnen diese nervige „Fortsetzung folgt“-Zwangswartezeit diesmal nicht übelnehme und mich darauf freue. Schade allerdings, dass Sie sich nach geglücktem Parkplatzwächtermord selbst der Lüge bezichtigen. Brauchen Sie garnicht, ist doch literarische Freiheit und Stilmittel, die Lüge, die Übertreibung! In diesem Sinne: Weitermachen.

  7. Zmivv sagt:

    Die letzten zwei Sätze sind gelogen…

    Die Lüge macht die Literatur.

    Wie sagte schon Papst Paul der Vierte?

    „Die Welt will getäuscht werden. Also werde sie getäuscht.“

    Schöner Text, der Lust auf mehr macht. Muss ich noch bis morgen warten?

  8. holstenbewohner sagt:

    Pastor Petersen aus Manhattentown? Wir waren man in Kalifornien und haben mit den extrabreiten Eddings den Tapeten einen stylischen Anstrich gegeben. Fummeln? Ich erinnere mich an eine Schimanski (Bergenring-Frauen-Power), die wollte. Ich fand Lego besser! Im Nachhinein würde ich sagen: gute Vorherbestimmung oder Schicksal bezwungen.

  9. menace sagt:

    Jugenherberge Westensee….Oha da kommen bei mir aber auch wieder Erinnerungen hoch…

  10. Makku sagt:

    Nein, MC, Du wirst nicht sterben.
    Du, vermeintlich verschieden, wirst eines Tages auf einer zu Wasser gelassenen Sänfte der Ostsee übergeben und schipperst ruhig und zum Queen-Sound von „Show must go on“ in den Sonnenuntergangaufgang – um ca. 14 Minuten später zu Fuss über das Wasser spazierend zurückzukommen, weil Du gemerkt hast, dass es auf der anderen Seite kein Holsten gibt. Und wenn er nicht besoffen ist, so betrinkt er sich noch heute…
    ENDE

  11. MC Winkel sagt:

    @ solidglobe: Tschja, am Ende wohl jeder. Jeder, bis auf Anne. :)+
    @ –jm: Danke! Wenn nichts dazwischenkommt: morgen.
    @ westernworld: Letzter Stand der Dinge ist, dass Anne wohl 4 Meteoriten erschlagen hat.
    @ nightfalcon: Sie kennen Anne? :)
    @ HerrPaulsen: Vielen Dank, Herr Paulsen. Auch für die Tips. Aber ist es nicht auch ein Stilmittel, gerade solche Sätze wie den letzten zu bringen, um eine ohnehin schon mit Superlativen übersähte Geschichte wieder ein wenig auf den Boden zurückzuholen? Gerade in Blogs, wo doch immer alles so wirklich, wirklich authentisch sein soll?
    @ Zmivv: s.o., :). Wg. warten: Ja!
    @ menace: Wer aus der Umgebung war dort noch nicht?! :)
    @ Makku: Hihi, Dankeschön. Ein Frage, nur mal so am Rande: Fanden Sie die alten Queen-Songs (also die rohen, nur Gitarre, Bass, Drums, Freddy) oder die neuen, mit Synthesizer, besser?

  12. frauchoc sagt:

    feine geschicht :) magengeschwüre wie hansen habe ich mittlerweile auch. ich werde mich auf die suche nach dem „satanischen Kommodenfuß“ (tolle bezeichnung!) machen, der daran schuld ist!

  13. Dennis sagt:

    Ich war zu meiner Konfirmandenzeit (abgesessen in Mönkeberg) NICHT in Westensee, sondern im beschaulichen Schönberg….
    Waren auch nur 2 Übernachtungen und nicht gleich fünf und anstatt zu fummeln war es für mich interessanter dem Bettnachbarn, der einen Nachnamen wie eine Geflügelart hatte, das schlimmste Wochenende seines Lebens zu bescheren…Man, was war ich gemein!

  14. SirParker sagt:

    Hat Burt Reynolds vielleicht eine Tochter?

  15. chrisse sagt:

    lol* und ich wollte grad beim kopfabschlagen fake brüllen ;) ja solche leute gibt es, aalglatt sind die – regen mich zum teil auf aber was soll man machen

  16. Herr Paulsen sagt:

    Stimmt auch wieder, MC.

  17. Dr.Sno* sagt:

    Nur die letzten zwei Sätze? Puh, achso… und ich dachte schon Anne wär gar nicht 380 Jahre alt.

  18. Erdge Schoss sagt:

    Buchhaltungsknurrhahn aka satanischer Kommodenfuß,
    werter Herr Winkelsen,

    da haben Sie mir ansatzlos zwei Expressionen ins
    Oberstübchen gedübelt, aber so was von allerfeinst,
    Respekt & besten Dank.

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  19. MichaelLJ sagt:

    @Erdgeschoss: Ja, schade dass man die Zeit von 20-40 nicht zweimal machen kann – denn dann hätte man Zeit zum Schreiben und könnte sich vom Leben direkt solche Begriffe abschauen und trotzdem am Stammtisch neue entwickeln.

    Und mancher hat das Talent dazu.

  20. der Kaiser sagt:

    ziemlich unspektakulär

  21. steuertusse sagt:

    scheiße- ich bin nur zur Kommunion gegangen- und da war man ja fürs petting noch zu jung

    *lach*

  22. Chilli sagt:

    Juhuu, Onkel Winkel’s Märchenstunde … mehr, mehr.

  23. creezy sagt:

    Das ich das noch erlebe, das Wort «Pastor» in einem MC-Post … muss ich mir jetzt Sorgen machen? Macht das das mit einem? Also ich meine, eine Woche München? Ist man danach so fertig?

  24. MC Winkel sagt:

    @ frauchoc: Immer noch nicht besser? iberogast hat versagt? Nun weiß ich auch nicht mehr weiter – kann jetzt wohl nur noch ein Gastroenterologe weiterhelfen…
    @ Dennis: Sie bevorzugen es, Homies zu dissen statt zu… Fummeln? How come?
    @ SirParker: Schon. Aber Annes Vater ist – der Legende nach – Chuck Norris.
    @ chrisse: warum regen die Sie auf, Herr chrisse?
    @ Dr. Sno*: Gut aufgepasst! :)
    @ Erdge Schoss: Ach bittesehr. Dafür bin ich ja da.
    @ MichaelLJ: Oder man bleibt halt ähnlich lange wach und versucht beides unter einen Hut zu bekommen. Und falls Sie mir das mit dem Talent unterstellen wollten: Danke! :)
    @ der Kaiser: Nicht nur den letzte Satz lesen, Jung!
    @ steuertusse: Mit 11? Wieso?
    @ chilli: Morgen! :)
    @ creezey: Pastor Pastor Pastor

  25. Dennis sagt:

    Das war die Zeit, in der ich mich mehr für gleichgeschlechtliches Petting Wrestling interessierte…Ich war in unserer Wrestlingcommunity DER Könich, dafür meilenweit von den coolen Fummlern entfernt…Hachja, heute würde ich vieles anders machen:-)

    Nebenbei: Ich bin 23, nicht 104, daher bitte ich um ein DU!!!

    Aber das kannste ja nich wissen

  26. Ole sagt:

    Was inzwischen nicht alles gewählt wird… Hausmann des Jahres, Konfirmandin des Jahres. Ich würde sagen, es wird Zeit, den Linksabbieger des Jahres, den Telefonmann des Jahres, den Salzstreuer des Jahres und die Bildungslücke des Jahres zu wählen!

  27. GIZA sagt:

    Nur mal kurz:
    Rechnungswesen ist ein Ars***loch…

  28. Robby sagt:

    Viel wichtiger ist ja: Was hat sie mit dir und deinem Schicksal angestellt?! ;)
    Abgesehen davon gibt es denke ich genug Menschen mit derartig viel – hmm – Kompetenz/Charisma/Ausstrahlung/Eloquenz/Manipulationsfähigkeit. Der Verweis zur bipolaren Störung (Stichwort Manie) sei hier nur mal der Vollständigkeit halber. Die positive Phase soll ja ganz toll sein.

  29. Henning sagt:

    Innerhalb der fünf anberaumten Nächte vor Ort schaffte Anne es, sich an vieren davon zu ihm ins Empfangshinterzimmer zu schleichen, bis beide von Nuredins Verlobten Zilan in der vorletzten Nacht beim Petting erwischt wurden.

    Ich hab sehr oft lesen (und denken) müssen bis ich merkte, dass der Kerl keine zwei Verlobten hat. Vorher fragte ich mich dauernd, wieso das Erwischtwerden seiner beiden Verlobten beim Petting jetzt Auswirkungen auf seine Beziehung zu Anne haben soll. Aber sonst hätte ich’s wohl nie rausgefunden. *g*

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