Mark und die Mechaniker

Ich weiß bis heute nicht, wie jemand wie Mark jemals in meinem Freundeskreis sein konnte. Irgendwann brachte einer der Jungs ihn mal mit, zunächst störte er nicht. Als er mich dann irgendwann einmal für irgendwas lobte, akzeptierte ich seine Anwesenheit auch vorübergehend, aber mögen konnte ich ihn nie. Er war ein Denunziant, jemand der seinen Vater beim Finanzamt anschwärzte, weil dieser seine ebay-Umsätze nicht ordnungsgemäß bei der Steuererklärung angab. Jemand, der seine Arbeitskollegen beim Vorgesetzten wegen zu langer Zigarettenpausen anschiss. Er schickte uns immer solche Lolita-Pornobildchen per E-Mail, worum ihn niemals jemand gebeten hatte. Mark war der Stereotyp von einem blöden Arschloch, jedem wegen Kleinigkeiten ans Bein pinkeln, selbst aber mit dem größten Pissfleck strammstehen.

Ich schämte mich jedes Mal, wenn er mit uns an den Wochenende um die Häuser zog. Er gab niemals Trinkgeld, blieb an roten Ampeln stehen und jede Konversation mit ihm kam einer Belehrung gleich. Mit ebendiesem Style stand er an den Tresen Kiels in meiner unmittelbaren Nähe; klar, dass mir das stank wie Ulrike Maischs Einlegesohlen. Ich wünschte ihm den Wachstum von seidigem Schamhaar ans Rachenzäpfchen, Hustenreiz auslösend und unrasierbar. Immer wieder musste ich mich rechtfertigen, warum sich ausgerechnet dieser Typ ständig in meinem Dunstkreis aufhielt. Allein: ich wusste es selbst nicht. Es war also an der Zeit, einen Plan zu schmieden; ich musste diesen Ehrenbürger Babylons irgendwie loswerden.

Und wie kommt man an an das Rückzugsticket eines Mannes? Na klar: über das Herz seiner Schwester. Rebecca war den Umständen entsprechend einigermaßen opportun: zwei Jahre jünger, hatte zum großen Entsetzen ihrer Familie recht früh ein Steißtattoo, hörte Cypress Hill und rollte ihr Gras in dunkelbraunes Zigarrenpapier. Sie hatte nur einen Fehler: Mark. Aber gut, heiraten müsste man sie nicht, eine Affaire würde reichen. Mark würde nie wieder auch nur ein Wort mit mir wechseln, wenn ich an einem Sonntagmorgen in seinem Bademantel am elterlichen Frühstückstisch sitzen würde – mit Rebecca auf dem Schoß und einem „Ich hoffe, wir haben Dich nicht geweckt!?“ auf den Lippen. Anschließend würde er mir bestimmt gerne eines seiner frischen Ralph Lauren-Polohemden ausleihen, über welches mir versehentlich Rebeccas Bongwasser auslaufen würde.

So der Plan.

Ich musste nur noch gucken, wie ich bei Rebecca landen konnte. Aber hey: Anfang zwanzig, öfter einen Joint in der Hand als B-Real und Gerüchten zufolge bereits mehr Meter gemacht als Edwin Moses. Nun hörte ich, dass Freundlichkeit & Charme schnell zur Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks werden können, wenn ihr versteht. Ich nahm Mixtapes auf, kopierte schmierige Liebes-Aphorismen aus loveletters.de in E-Mails und lernte den Cripwalk. Ich war so freundlich & charmant, dass mir jedes der Spice-Girls ein Gesichtspeeling verpasst hätte; mittels Warzenhof! Aber was ich auch tat, ich konnte nicht landen. Gut, ich hätte seinerzeit sicherlich etwas abnehmen können, mein Doppelkinn wurde in Kiel für eine eigenen Postleitzahl vorgeschlagen.

Aber sonst war wirklich alles klar bei mir.

Trotzdem, es half alles nichts: ich musste Hansen um Hilfe fragen. „Die Schwester von Mark, da soll ich beigehen? Hat die auch so Haare auf den Zähnen wie ihr Bruder?“. „Neee Dicker, die lodert wie der Regenwald und hängt am Wochenende mit Franziska herum.“. „Ich kümmere mich darum!“.

Zwei Wochen später war Ruhe. Der sonntägliche Familien-Frühstückstisch war in diesem Fall ein paar Polaroids, die Hansen, Rebecca und Franziska in eindeutiger Positur aufzeigten. Die Wochenenden waren jetzt endlich wieder unverkrampfter. Und Mark fing an, Maschinenbau zu studieren.

Ich hoffe, es geht ihm gut, soweit.

Kommentare

28 Antworten zu “Mark und die Mechaniker”

  1. schaezle sagt:

    Karohemd uns Samenstau, ich studier Maschinenbau?

  2. Kiki sagt:

    Ich finde diese hintenrum-durch-die-Brust-ins-Auge-Gedankengänge ja sehr erheiternd. Aber effizient geht irgendwie anders, oder?

  3. ani*ka sagt:

    wenn man sich mal ein herz fasst und auf fast alle links klickt, fühlt man sich doch gleich um weiten gebildeter. wie konnte ich auch vorher mit ruhigem gewissen leben – ohne über den cripwalk bescheid zu wissen. danke, mc;-)

  4. zoee sagt:

    „als er mich irgendwann für etwas lobte…“ jaja, immer diese verflixte eitelkeit!

  5. Johanna sagt:

    @ani*ka: Nur für welche der zahlreichen Definitionen entscheidet man sich jetzt?!

  6. Johanna sagt:

    Dieser Hansen scheint mir auch das ein oder andere Schnitzbrett zu besitzen…

  7. sie sind ja sowas von hintervotzig, hr. winkel. sie haben bestimmt ganz viele weibliche gene *lach*

  8. Herr Winkelsen, gab es eigentlich zu der Zeit schon ebay? Das muss doch schon Lichtjahre her sein :-)

  9. Mone sagt:

    Ich stehe total auf den c-walk! Hab ihn mal versucht durch paar youtube-lessons-Video zu lernen… versucht!

  10. Johannes sagt:

    Ey nix gegen Maschinenbauer! Wir sind doch auch nur Menschen.

  11. Scholli sagt:

    Soviel Aufwand für so eine kleine Sache? Ein „Ich find Dich doof, geh weg von mir!“ hätte doch bestimmt auch gereicht. Hab ich im Kindergarten schon so gemacht, Herr Winkel, und das hat auch meistens funktioniert.

  12. danimateur sagt:

    schamhaar und hustenauslöser? dieser marky mark schien schlimmer zu sein als das steckenbleiben im aufzug mit gülcan und mola adebisi zugleich.
    aber herr hansen hat sie, werter herr winkel, mal wieder an den haaren aus’m sumpf gezogen.

    greetz

  13. MC Winkel sagt:

    @schaezle: Erwischt – nur den letzten Ansatz gelesen, hm?!
    @Kiki: Naja, Versuch macht kluch. :)
    @ani*ka: Herzlich Willkommen auf MC Winkels Bildungsblog!
    @zoee: Hö? ^^
    @Johanna: Schon. Aber eion Arschloch vor dem Herren! :)
    @little-wombat: Hinterfotzig mit „v“; super! :)@Frau Ährenwort: Naja, mit dem ebay-Satz versuchte ich lediglich, meine Antipathie geg. Herrn Mark zu erklären; und die ist zeitlos!
    @Mone: Also ich kann den noch heute! :)
    @Johannes: Ich sag‘ doch gar nichts!
    @Scholli: Ja, aber dazu hätte ich zugeben müssen, dass ich ihm gegenüber mehr als Ignoranz empfand. Äußerst ungern.
    @danimateur: Da haben Sie recht!

    Und überhaupt:
    Wieso hat niemand etwas zu den 3 gravierenden Wort-Fehlern im ersten Absatz gesagt? Dachte, diese noch korrigiert zu haben; Trugschluss (erst jetzt).

  14. Kaal sagt:

    Wieso verschicken solche Menschen ihre Pornobildchen immer als Power Point?

  15. Acki sagt:

    yo…“ingoranz“ kommt bei solchen typen eh besser, weil alles andere auch nur Energieverschwendung ist.

    Aber wie verstehe ich denn jetzt den Hinweis auf das Doppelkinn!? War da etwa noch rest vom babyspeck!? ;)

  16. Johanna sagt:

    Sind Männer mit Schnitzbrettern das nicht immer irgendwie, lieber Mr. Winkel?

  17. kleiner.mops sagt:

    Wissen Sie vielleicht, Herr Winkel, ob der Mark in Wuppertal Maschinenbau studiert hat? Wenn ja, hat er sich kaum verändert…

  18. denzel sagt:

    ich wünschte ihm den Wachstum von seidigem Schamhaar ans Rachenzäpfchen, Hustenreiz auslösend und unrasierbar.

    *HAHAHAHAHAHHAHAHAHAHHA*, am wochenende doch wieder getrunken? ^^

  19. mee sagt:

    So Typen gibts in jeder Stadt, kenn ich nur zu gut.

  20. creezy sagt:

    Nun hörte ich, dass Freundlichkeit & Charme schnell zur Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks werden können, wenn ihr versteht.

    Neee, verstehen wir nicht. Müssen meine Dyskakulie und ich erst mal wirken lassen.

  21. Die DiVa sagt:

    Ich, werter Herr Winkel, frage mich krampfhaft, warum darf man denn nicht auf des Freundes Schwester? Mein Bruder hat da nie was gesagt.
    Es grüsst schwesterlich
    Ihre DiVa

  22. danimateur sagt:

    @ Diva
    darf man(n), muss man nur schaffen ;)

  23. Venden sagt:

    Man(n) kann sich das Leben wirklich schwer machen – oder man sucht ein Umweg, um die Schwester näher kennen zu lernen :)

  24. chilldogg sagt:

    Kann dieser Mark Zufall sein?!?

  25. Schaps sagt:

    Geile Story…und ne coole Idee nervige Volltrottel loszuwerden! Aber nicht jeder von denen hat ne Schwester und wenn sie eine haben, dann würd man sich nicht an jede von den ranwagen ^^

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