Meine dunkle Nacht der Seele
War noch nicht einmal eine Nacht, sie war eher ein Dauerzustand. Ich weiß es nicht mehr ganz genau, aber es begann in sehr früher Kindheit. Ich glaube ich war acht Jahre alt, als ich zum ersten Mal festgestellt habe, dass in diesem konzeptionellen Leben, welches mir seitens Familie, Schule und Gesellschaft vorgelebt wurde, recht wenig einen Sinn macht. Natürlich hatte ich Freude am Leben, ich spielte liebend gern mit Lego, Fischer Technik, liebte Comic-Hefte, sammelte Disneys Lustige Taschenbücher und traf mich nach der Schule mit Freunden. Hauptsache, es war immer etwas los. Und wenn, dann sollte das was los war, gerne auch etwas spezieller sein, weil: letztlich hat das Leben ja eh keinen Sinn. Wir sind nur hier, um eine gute Zeit zu haben, sollten uns nicht zu viele Gedanken machen und uns nicht zu ernst nehmen. Aber fun sollte trotzdem dauerhaft vorhanden sein, wäre ja schade sonst.
Keine geistige Verwahrlosung
Mit diesem Mindset, welches direkt zu Beginn meiner zweiten Lebensphase (8-14 Jahre, siehe hier) in mir aufploppte, bin ich dann noch ein paar weitere Lebensphasen durchgerattert. Wenn ich ehrlich bin, ist es sogar immer noch dasselbe, nur die Bezeichnungen haben sich geändert. Eine gute Zeit zu haben würde ich heute mit „im Moment leben“ übersetzen und sich nicht zu viele Gedanken zu machen ist das Vermeiden von Overthinking jedweder Art. Heute weiß ich, dass je weniger man denkt, umso glücklicher man ist. Das soll nicht heissen, dass man geistig ruhig verwahrlosen kann und sich jeglichem, neuen Wissen komplett verschliessen sollte. Das heisst einfach nur, dass es nichts bringt, die meisten Dinge bis zum Schluss intellektuell durchzuanalysieren.
Das gesamte Wissen der Welt
Darüber hinaus sollte man wissen, dass man nichts weiß. Dass man es niemals schaffen wird, das gesamte Wissen der Welt (und meinetwegen auch des Universums) in seinem kleinen Köpfchen zu vereinen. Das wäre so, als würde man versuchen, das gesamte Wasser aller Weltmeere in einem kleinen Topf zu sammeln. Schafft keiner, ist seit 2.500 Jahren bekannt und trotzdem spielen die meisten Menschen sich auf, als trügen sie die Krone des unendlichen Wissens. Hier eine immer funktionierende Faustformel: so klug wie ein Mensch denkt dass er sei, genau so doof ist er tatsächlich.
Nun werde doch mal erwachsen!
Auch in meiner Zeit der Adoleszenz (15-21 Jahre), also die Übergangszeit von der Pubertät bis zum Erwachsensein (haha), liessen mich die meisten Sachen, denen man für gewöhnlich etwas mehr Ernsthaftigkeit und Respekt entgegenbringt, eher kalt. Schule lief, aber wenn die Lehrer lame waren, hatte ich einfach keine Lust. Sobald der/die LehrerIn aber cool war und der Unterricht einigermaßen locker vonstatten ging, war ich zu Höchstleistungen imstande. So kam es, dass ich entweder im Schulnoten-Bereich von 1-2 (seltener) oder eben 4-5 lag. Für eine Sechs hatte ich immer noch zu viel Restwürde und Angst vor meinem Vater. Die Ausbildungszeit dann – auch eine reine Katastrophe. Noch einmal: wer sich nicht ernst nimmt, der hat auch Probleme, andere/s ernstzunehmen. Ich kam jeden Tag 5 Minuten zu spät, weil der Bus eben so fuhr. Ich hätte auch einen früheren Bus nehmen können, aber der fuhr um 6:35h (nie vor halb zehn!) und dann wäre ich sogar noch 10 Minuten zu früh da.
So nahm ich also 3 Jahre in Kauf, dass mein Ausbildungsleiter mich allmorgendlich mit „Mahlzeit“ begrüßte, sonst gab’s aber keine weiteren Konsequenten. Muss man sich mal vorstellen, ein 50jähriger, der einen 18jährigen jeden Morgen mit demselben, sehr dummen Spruch zur Besserung/Pünktlichkeit erziehen wollte; was für eine traurige Gestalt.
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