Menschliche Eigenschaften gemäß der drei Gunas: Tamas, Rajas und Sattva // Dauerhaftes Glück?
Ich bin auf meinem Weg neulich erneut auf eine spannende Weisheit aus dem Yoga (keine Religion, kein Glaubens-System) gestoßen, es geht um das Thema „Gunas“. Diese drei im Sanskrit beschriebenen Eigenschaften nennen sich Tamas, Rajas und Sattva, zusammen Gunas. Sie beschreiben drei unterschiedliche Arten von menschlichen Eigenschaften oder Energien, über die wir alle verfügen. Dabei sind es selten einzelne Gunas, die für unsere Stimmung, Tagesform oder Kraft verantwortlich sind, in den meisten Fällen handelt es sich um eine Mischung aus allen Dreien, bei der jede einzelne Kraft unterschiedlich ausgeprägt ist.
Wie kann ich dauerhaft glücklich sein?
Oder anders: geht das überhaupt? Wenn wir von Glück sprechen, dann ist hier nicht die Rede von Hormonausschüttungen aufgrund eines tollen Geschenkes, eines Gewinnes oder einem Karrieresprung. Auch materieller Besitz macht nicht glücklich, auch wenn die meisten von uns diesem Irrglauben immer noch aufliegen. Wir rennen von einem Must-have zum Nächsten, wir denken, wir bräuchten immer die neuesten, technischen Gadgets, die heftigsten Autos, die/den attraktivste(n) PartnerIn, den traumhaftesten Urlaub oder das geilste Apartment. Und kaum haben wir es, geht es wieder von vorne los: now what?! Ein Ankommen ist nie möglich, das sollten wir uns immer bewusst machen. Man kann das Spiel des Lebens nur spielen, aber nicht gewinnen.
Warum also all dieser Stress?
Warum war meine Partnerin, mein Arbeitskollege, mein Nachbar heute so aggressiv? Warum verbringt mein alter Bekannter so viel Zeit auf der Couch vor dem Fernseher, ohne sich um seine Zukunft zu kümmern? Oder warum arbeitet ein anderer Bekannter sich für gesellschaftliche Anerkennung den Arsch auf? Immer wieder treten solcherlei Fragen auf und immer wieder versuchen wir, das menschliche Verhalten und die menschliche Natur zu hinterfragen und natürlich auch zu verstehen.
Eine ganze Menge Stress, vergeudete Energie und Unsicherheiten könnten wir uns ersparen, wenn wir einfach nur auf die drei Gunas gucken und dabei versuchen, zunächst uns selbst und dann natürlich auch Andere auf dieser Basis zu observieren. Würden wir nämlich verstehen, wie genau welche Kräfte auf uns einwirken und somit unser Verhalten, letztlich das Verhalten der Welt beeinflussen, dann wäre doch Jedem geholfen. Schauen wir also endlich auf die drei Gunas:
1. Tamas
Die Qualität Tamas steht für die Dunkelheit, Schwere, Trägheit, Faulheit, Wut, Interessenlosigkeit, fehlende Klarheit, insgesamt für eine chaotische Energie. Menschen, deren vorherrschendes Guna Tamas ist, sind ständig faul. Zu faul, sich weiterzuentwickeln, zu faul, überhaupt irgendetwas Neues kennenzulernen. Sie sind zu faul und unmotiviert im eigenen Job und erledigen die meisten Dinge nur sehr halbherzig. Das einzige, worauf sie Bock haben, ist Gossip (sowohl Boulevard als auch das Lästern über Andere), sie ernähren sich schlecht, trinken Alkohol, nehmen noch andere Drogen, schauen viel fern (optional: P0rnos) und hören Laber-Podcasts (auch Lanz labert und True Crime macht euch ängstlich). Eigentlich sind sie ständig auf der Flucht vor sich selbst und ich kenne Niemanden, der mit Tamas-Leuten gerne chillt.
Doch hier kommen die guten Nachrichten: die Qualitäten der Gunas existieren niemals in ihrer puren Form, sie vermengen sich und fallen auseinander, um sich dann wieder neu zu formieren. Wir sehen: die Kräfte der Natur entsprechen hier den Gesetzen der Natur und glücklicherweise ist auch hier die einzige, wirkliche Beständigkeit: die Veränderung.
2. Rajas
Die Qualität Rajas steht für Leidenschaft, Bewegung, Herausforderungen, das Ambitionierte, sie steht für Dynamik und für das, was sich Aufmerksamkeit wünscht, was (Achtung!) leider auch mit dem Ego zu tun hat. Viele Menschen halten diese Qualität für die Erstrebenswerteste, weil sie es mit ihrem eigenen Lebensstil am besten verbinden können. Eine moderne Gesellschaft, der Wunsch des Anhäufens von Besitz jedweder Art, beruflicher Erfolg, Anerkennung von außen. Die Coolen auf dem Schulhof, die Stars in der Unterhaltungsbranche, immer neue Projekte, Produkte und oh wie herrlich sie sich finden und oft auch von Außenstehenden gefunden werden.
Die bad news hier: zu viel Rajas kann in die Hose gehen und endet nicht selten in absoluter Rastlosigkeit, was ich aus eigener Erfahrung zu berichten weiß. Das Ego wird riesengroß, man überschätzt sich hin und wieder, was zu Frust und Wut führen kann. Moment,… Frust & Wut, hatten wir das nicht gerade bei Tamas? Ihr seht: die drei Gunas laufen immer Hand in Hand.
3. Sattva
Die Qualität Sattva steht für Reinheit, Klarheit, Ruhe, Harmonie, Güte und das Licht/Erleuchtung. Eine Eigenschaft voller Weisheit und wer von Sattva dominiert wird, der ist ausgeglichen, in seiner Mitte. Die sattvische Person ernährt sich leicht und gesund, geht diszipliniert seiner/ihrer Praxis nach, ist in der Regel zufrieden und glücklich. Wie ihr euch vorstellen könnt, wird im Yoga gelehrt, Tamas und Rajas zu reduzieren, um mehr Sattva zu generieren. Erst dann sind nämlich sowohl eine tiefe Meditation als auch die angestrebte Erleuchtung zu erreichen.
Ich mache jetzt seit fast genau einem Jahr (am 03.10. ist es genau ein Jahr) eine morgendliche Routine, das sogenannte Shambhavi Mahamudra. Durch diese Praxis gelange ich jeden Morgen an den Punkt, in dem eine tiefe Meditation ohne weiteres möglich ist, damit fülle ich meinen Consciousness/Awareness-Tank auf, der mich dann durch den Tag bringen soll. Doch auch bei all diesem Wissen und der entsprechend aufzubringenden Arbeit kommt es immer wieder vor, dass sich auch mal ein Tag voller Tamas einschleicht. Da kann man dann grundsätzlich nicht viel machen, außer: es zu akzeptieren. Und zu wissen, dass der nächste Tag dann wieder besser wird.
Darüber hinaus kann es auch bei zu viel Sattva zu Problemen kommen. Ein zu stark sattvischer Mensch könnte sich leicht der Illusion hingeben, zu etwas Höherem bestimmt zu sein (Achtung, Ego!). Er kann anfangen, die gesamte Welt als furchtbaren, unfairen, hoffnungslosen Platz zu sehen, sich überall herauszuziehen und sich selbst in einer Art Opferrolle zu sehen.
Okay, und wie gehe ich nun damit um?
Ich sage es erneut: die Gunas existieren nicht in Reinform, es ist immer eine Melange aus allen Dreien. Ihr könnt ja einfach mal anfangen, euch selbst und später dann auch Andere nach Tamas, Rajas und Sattva zu untersuchen. Versucht dabei festzustellen, wie sehr sie euer Verhalten, eure Reaktionen und Vorlieben bestimmen. Je mehr ihr versteht, welches Guna, also welche Eigenschaft/Kraft am meisten aktiv ist, desto eher kann entsprechend gegenangegangen werden.
Je mehr Tamas vorherrscht, umso mehr Ruhe braucht ihr (Meditation, Wim Hof Atmung, Eisbäder etc.). Bei zu viel Rajas einfach das Ego observieren. Sobald nämlich das Ego ins Spiel kommt, verlieren all die positiven Rajas-Eigenschaften ihren Wert. Ich empfehle eine Mischung aus 50% Sattva, 35% Rajas und 15% Tamas (wie ihr wisst, rauche ich gerne mal einen Joint, trinke Rotwein und gucke dann Youtube/Netflix; also ganz ohne Tamas will ich auch nicht leben). Um diese Energien besser zu verstehen, hilft wie immer Meditation. Also den Bereich eures Gewahrseins (Bereich zwischen Körper, Geist und Dir selbst) ständig auszuweiten. So oder so – ich wünsche gutes Gelingen.