Mum says I’m cool!

Frederik war Mitte der Achtziger ein gern gesehener Mensch in unserem Freundeskreis. Er sah komisch aus, benahm sich spooky, seine Brille saß ihm grundsätzlich schief im Gesicht und er trug T-Shirts, über die man sich selbst in Berlin Mitte heute noch wundern würde. Aber er zahlte halt immer Alles. Sprach man ihn auf eines seiner Defizite an, so wurde er nicht müde zu erwähnen, dass seine Mum das cool finden würde. Ob „Fred, wieso steht auf Deinem T-Shirt Club Tropica?“ oder „Naja, sieht wenigstens gemütlich aus, der Kaschmir-Pullunder!“ – die Mutter fands halt cool. „Hör zu, Freddy: mit Beginn des zehnten Lebensjahres hört man auf, gleiche Dinge wie die Eltern cool zu finden. Man verachtet diese vielmehr!“. „Da kennt ihr aber meine Mutter nicht!“. Was wahr war. Und sich ändern sollte.

Frederik wohnte mit deiner Mum in einem Bungalow am Stadtrand. Seine Eltern liessen sich scheiden, die gewiefte Mutter hatte vorsorglich auf die Inexistenz eines Hochzeitsvertrages geachtet. Der Orthopäde, mit dem sie schon während ihrer Ehe schlief, lieferte übrige Atteste und schon gehörte ihr die Welt. Gut, erstmal nur 250qm Wohneigentum und ein beachtliches Grundstück drumherum – ein Anfang. Ihr 911er war sowieso ein Geschenk aus den noch guten Zeiten des Ex-Mannes. Ãœbrigens der Kieferothopäde, der mir mit 10 Jahren die Zahnspange verpasste, die den Wachstum eines stagnierten Eckzahnes bei mir ausglich, aber das ist eine andere Geschichte. „Wir würden uns freuen, wenn ihr am Nachmittag mal zu uns kommt, Mum macht Wiener Schnitzel!“. Eigentlich wollten wir nicht, da ich aber vorab nur Positives über den Pool im Kellerbereich hörte, überredete ich Hansen. „Zur Not Arschbomben vom Beckenrand.“. „Na gut.“

„Ich bin Frau Burkner, ihr dürft mich aber Merle nennen!“, begrüßte uns Frederiks Mutter im Foyer des Hauses. Sie trug eine weiße, semidurchsichtige Bluse und einen anthrazitfarbenen Rock, der bis kurz unter die Knie ging. Dazu Stiefel. Ihre dunkelblonde Locken wogen wie in Zeitlupe durch die Ekliptik, es herrschte eine Atmosphäre wie in einem Adult-Werbespot für phallusförmige Lipglossstifte. „I… ich bin Hansen. Aber du darfst mit Matthias nennen.“. Wenn Hansen sich mit seinem Vornamen vorstellte, sollte das was heißen. Nicht einmal seine Eltern durften ihn so nennen. „Sag‘, Merle: hast Du Frederik mit 7 bekommen?“. Frederiks Mutter lachte. „Du kleiner Charmeur! Pass auf was Du sagst, sonst werde ich gefährlich!“. „Gerne. Ich würde Alles dafür tun!“. Hansens Mund glich einem verkaufsoffenem Sonntag. Um die leicht groteske Situation zu entschärfen schlug ich vor, uns um die Schnitzel zu kümmern. „Gute Idee, der Lieferservice sollte gleich hier sein!“. „Du hast bestellt? Cool, Mama!“. Mama cool, Freddy cool; alles cool. Nur Hansen nicht. „Lil‘ MC: die mach‘ ich frisch. Eines schönen Tages – da mach‘ ich die frisch!“.

10 Jahre später

Frederik hat inzwischen die Stadt verlassen. In einer Business-Datenbank sah ich jüngst, dass er sich offensichtlich gemausert hat. Was die Karriere betrifft, seine Stilberatung hat inzwischen offensichtlich kik von der Mama übernommen. Merle lebt immer noch im Bungalow am Stadtrand und hat es sich inzwischen angewöhnt, die beständig wachsende Langeweile mit Prosecco und jüngeren Herren zu kompensieren. Auf der Kieler Woche 2003 trafen sich Merle und Matthias Hansen nach Jahren das erste Mal wieder, Feinheiten erspare ich mir hier. Wenige Monate später traf ich Frederik und – rücksichtsvoll und diskret wie man mich kennt – interviewte ihn in dieser Sache. „Eine riesengroße Schweinerei! Dem ist wohl nichts heimlich, wie soll ich ihm jemals wieder in die Augen sehen können?“.
„Naja. Deine Mum fand ihn cool.“

Kommentare

27 Antworten zu “Mum says I’m cool!”

  1. der.grob sagt:

    das liegt meistens an den ohren, wenn einem die brille schief im gesicht hängt. (weniger an der coolen mutter.)

  2. Scholli sagt:

    Ich kenne, lieber Herr Winkel, ein kleines Mädchen, dessen Vorname sich auf Merde und Nachname sich auf Arschmann reimt. Sie hat also einen fäkalologisch einwandfreien Hintergrund und ich bin gespannt, ob die kleine Merle später auch ihre Eltern cool finden wird. Ich vermute aber eher nicht.

  3. Aquii sagt:

    Was hatten Sie für eine schlechte Jugend, lieber Winkelsen

  4. schaezle sagt:

    in deiner rechnung stimmt doch was nicht. 10 jahre später war 2003? wart ihr mit 20 noch auf schnitzelessen bei freddy?
    bitte um korrektur und bericht.

  5. Looka sagt:

    Manchmal scheint mir eure Clique bestand aus dir, Hansen und etwa zehn kuriosen Typen, welchen sich mit zahlen abwechselten. Entweder du warst verdammt gefragt oder ein kleiner Arschkriecher. Vielleicht habe ich aber auch nur zuwenig aufgepasst. Wie wäre es mit einem Piktogramm?

    An interessante Mütter kann ich mich erinnern. Eher an Freundinnen von großen Schwestern. Doch das ist jetzt nicht mein Genre. Überlasse ich lieber dir.

  6. Melli sagt:

    > Frederik wohnte mit deiner Mum in einem Bungalow am Stadtrand.

    Davon wüsste ich was ;)

  7. also ehrlich, wenn jemand auf seinem shirt „club tropicana“ stehen hat, dann muss der schwul sein. odda?

  8. kleiner.mops sagt:

    Wie? Nicht mehr in die Augen sehen können? Der junge Mann weiß wohl noch nicht, dass man in den Augen eines anderen Mannes nicht die Sexszenen mit der eigenen Mutter sehen kann. Spinner.

  9. Herr W., nur weil sie ihren Vornamen hier mit zwei „t“ schreiben, bedeutet das nicht genügend Verfremdung um vorzugeben, Sie wären es nicht gewesen.

  10. setann sagt:

    nach einigen eigentümlichen erfahrungen die ich mit dem umgang von müttern mit ihren söhnen machen musste, bin ich schon in frühen jahren dazu übergegangen (und zwar bevor ich mit dem mann meiner wahl körperflüssigkeiten auszutauschen gedachte) mir erst seine mutter aus der ferne anzusehen….(das hilft einiges unheil abzuwenden!) näheres zu dieser problematik sollte ich für mich behalten und lieber mal etwas gewinnen!

  11. danimateur sagt:

    haben sie letztendlich arschbombem vom beckenrand vollzogen?

    außerdem ist das glaub ich der erste winkelsche text ohne Verlinkung.

    herzlich wochenbeginnend, danimateur

  12. Herr Schmidt sagt:

    Schnitzel vom Lieferservice?!? Eher würde ich mir kleine Holzsplitter unter die Fingernägel rammen!

  13. Solidglobe sagt:

    Für Hansen gibts auch keine Grenzen oder?

  14. MC Winkel sagt:

    @der.grob: Nene, beim Fred lag das eindeutig an Fielmann!
    @Scholli: Sie ist noch keine 10?
    @Aquii: Wieso? War doch alles toll!
    @schaezle: Ah, eine Ermittlerin, die Frau schaezle. Aber Sie haben recht, das klingt alles leicht verwirrend. Man muss sich einige Jahressprünge selbst dazu denken… :)
    @Looka: Wie genau kommst Du auf die Arschkriecher-Theorie?
    @Melli: Sie kennen ihn? :)
    @little-wombat: Weiß ich nicht, bei ihm stand ja lediglich „Tropica“. :)
    @kleiner.mops: Stimmt. Der soll sich mal nicht so anstellen.
    @Lenny_und_Karl: Sie sagen, ICH hätte mit Frederiks Mutter geschlafen?
    @setann: Das nächste Gewinnspiel werde ich dann etwas mehr in Deine Richtung platzieren. Weiß nicht, ich nehme dann irgendwas mit Kaminofenreinigungsutensilien. :)
    @danimateur: Nee, war mir dann doch zu chlorig. Und das Schnitzel war super!
    @Herr Schmidt: Sie glauben gar nicht, was Pakistanis in der Küche so können!
    @Solidglobe: Wenige. :)

  15. nun gut, dann will ich mal nicht so kleinlich sein, das langt auch um schwul zu sein! *g*

  16. Acki sagt:

    …so what!? say’s red zack! ;-)

  17. danimateur sagt:

    ach, hier geht es um den geschlechtsakt. und ich dachte schon um den beliebten und begehrenswerten beifahrerplatz im slk cabrio der mutter.

  18. kleiner.mops sagt:

    Ganz meine Worte, lieber Winkel. Ganz meine Worte.

  19. Looka sagt:

    @MC Winkel: Eigene Erfahrung. Von welcher Seite behalte ich vorerst für mich. #arschkriecher

    Interessanter fände ich ja eine Übersicht über eure Clique.

  20. setann sagt:

    ….du könntest auch einfach fragen: „wie spät ist es?“…das bekomme ich auch hin…

  21. Michi sagt:

    Das mit dem Stadtrand und der Personenbeschreibung gibt mir zu denken. Ich schweige.:-)

  22. Darüber müssen wir nochmal talken, denn ich weiß echt nicht ob ich nicht doch von der Story wußte. Normalerweise muß ich das doch wissen, oder? Du Sun?

  23. Die DiVa sagt:

    Was soll man dazu noch sagen werter Herr Winkel Gott sei dank war Menopause.

    Herzlichst und vor der Pause

    Ihre DiVa

  24. Jassi sagt:

    Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob Ihre sehr kurzweiligen Geschichten nicht aus dem Kino entliehen sind, Herr Winkelsen.
    Ich fühle mich doch arg an „Stifflers Mum“ aus American Pie erinnert …

  25. Herrlich! Ich bin ja auch ein ganz großer Schnitzelfan. Und wenn es hier einen Bringdienst gäbe, oh ja, ich würde ihn nutzen!

  26. Ben sagt:

    Ist das schon öffentliches Bloßstellen ? :)

  27. schaezle sagt:

    selbst denken? das widerspräche jedem genuss.
    (denn dann war die mutti längst omi…)

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