Vintage und Retro: Darum wird das Vergangene immer wieder modern
So mancher möchte die Vergangenheit hinter sich lassen. Doch was, wenn sie uns in vielen Bereichen des Alltags einholt? Vintage- und Retro-Trends sind gefühlt allgegenwärtig – in der Modewelt, in der Inneneinrichtung und sogar beim Tabakgenuss. Doch warum bleibt die Modernität scheinbar auf der Strecke, während bereits Vergangenes eine neue Blütezeit erlebt? Nostalgie heißt das Zauberwort.
Schnupfen statt rauchen
Der Vintage- und Nostalgietrend macht vor keinem Lebensbereich halt. Das bekommt auch zu spüren, wer dem Tabakgenuss zuspricht. Klassisches Rauchen scheint zunehmend an Attraktivität zu verlieren. Dafür erleben Snus und Schnupftabak einen Boom.
Tabak zu schnupfen, gehört zu den ältesten Methoden, um die Wirkung des Krauts zu genießen. Noch bevor die Europäer in Mittel- und Südamerika ankamen, zerkleinerten indigene Völker getrocknete Tabakblätter und sogen das gemahlene Pulver durch die Nase.
Erst entdeckten die Seefahrer den Schnupftabak für sich, später die Fuhrleute und Cowboys. Inzwischen hat diese Form des Tabakgenusses eine große Fangemeinde. Besonders aromatisierte Sorten werden gern konsumiert. Dabei unterscheiden sich mehrere Methoden:
Schnupfen vom Handrücken
Das Tabakschnupfen vom Handrücken zählt wohl zu den ältesten „Schnupftabakritualen“. In alten Westernfilmen sieht man, wie Held oder Bösewicht das Pulver auf der geschlossenen Faust verteilen. Das sieht zwar cool aus, ist jedoch falsch. Stattdessen wird der Schnupftabak auf die Oberseite der geöffneten Hand gegeben. Daumen und kleiner Finger gehören abgespreizt.
Schnupfen von den Fingerspitzen
In der Vergangenheit schnupften auch adelige Damen Tabak, darunter angeblich Katharina von Medici. Diese gaben sich den Schnupftabak jedoch nicht auf die Hand, sondern lediglich auf die Fingerspitzen. Das gemahlene Pulver wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten und direkt zum Nasenloch geführt.
Schnupfen mit Schnupfröhrchen
Die dritte Methode ist etwas aufwendiger, sieht dafür aber professionell aus. Das Tabakpulver wird linienförmig auf einer geraden Unterlage verteilt. Plastikkarte oder Rasierklinge helfen beim Zusammenschieben.
Anschließend kommt das Schnupfröhrchen zum Einsatz. Dieses besteht aus Papier, Glas oder Kunststoff. Das Schnupfen funktioniert folgendermaßen:
- ein Ende des Röhrchens in ein Nasenloch einführen
- das andere Nasenloch zuhalten
- das andere Ende des Schnupfröhrchens vor die Tabaklinie halten
- tief einatmen
Anschließend wiederholt sich das Ganze mit dem anderen Nasenloch.
Vintage-Mode statt neuer Trends
Nicht nur in der Welt des Tabaks sind Vintage- und Retrotrends weit verbreitet. Noch offensichtlicher sind sie in der Mode.
Regelmäßig kommen neue Outfitideen in die Läden. Gleichzeitig feiern jedoch Modetrends vergangener Jahrzehnte erneut ihr Revival. Dazu gehörten in den 2010er- und frühen 2020er-Jahren etwa:
- Boho-Blusen aus den 1960ern
- Schlaghosen aus den 1970ern
- Glitzerjacken aus den 1980ern
- Plateau-Sneakers aus den 1990ern
Doch was bringt die Gesellschaft dazu, Mode- und Alltagstrends immer wieder zu recyceln? Eine mögliche Erklärung stammt aus der Forschung. Das Altbekannte soll auf den Menschen beruhigend wirken. Demnach sind Vintage- und Retrotrends als eine Art Bewältigungsstrategie in Krisenzeiten geeignet.
Ob Mode, Möbeldesign oder Tabakgenuss – ein Hauch aus der Vergangenheit erinnert an die vermeintlich „gute alte Zeit“. Diese verbinden Nostalgiker mit Qualität und Wertigkeit. Ebenso symbolisiert sie traditionelle Werte wie den engen Bezug zur Familie.
Gleichzeitig steht „Vintage“ für Entschleunigung. Neue Eindrücke, schnelllebige Trends und sich gefühlt im Minutentakt verändernde Weltlagen können die Psyche schnell überfordern. Das eigene Dasein fühlt sich fragil und unsicher an. Sich dem Vergangenen zuzuwenden, gibt vielen Menschen dagegen mehr inneren Halt.